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Kampf gegen den Lehrermangel: Berliner Streit um Boni und ein erfolgreiches Rekrutierungsmodell aus Mississippi

Der Fachkräftemangel im Bildungssektor bleibt eine zentrale Herausforderung. Weltweit suchen Regionen nach Wegen, den Lehrerberuf attraktiver zu gestalten und Personalengpässe zu schließen. Während in Berlin aktuell intensiv über die Modalitäten der Verbeamtung und finanzielle Anreize debattiert wird, setzt ein US-Bundesstaat auf ein spezielles Rekrutierungsprogramm, um Pädagogen gezielt in unterversorgte ländliche Schulen zu bringen.

Berlin: Streit um Nachteilsausgleich bei Verbeamtung

In der deutschen Hauptstadt sorgt der jüngste Gesetzentwurf der Bildungsverwaltung zur Wiedereinführung der Lehrerverbeamtung für Unmut bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die GEW reagierte enttäuscht und vermisst klare Regelungen zum finanziellen Ausgleich für jene Lehrkräfte, die nicht verbeamtet werden können oder wollen. Kern des Gesetzentwurfs ist die temporäre Anhebung der Altersgrenze für die Verbeamtung auf das 52. Lebensjahr, die bis Ende 2026 gelten soll. Bislang lag die Grenze im öffentlichen Dienst Berlins bei 45 Jahren.

GEW-Geschäftsführer Markus Hanisch kritisierte das Vorgehen scharf: „Es grenzt an einen Bruch des Wahlversprechens, wenn die Senatsfinanz- und die Senatsbildungsverwaltung kein eigenes, rechtssicheres Modell für einen Nachteilsausgleich vorlegen.“ Viele Lehrkräfte, die zu alt seien oder aus anderen Gründen Angestellte blieben, verdienten einen fairen Ausgleich. Laut Bildungsverwaltung soll die Kompensationslösung nun von der rot-grün-roten Koalition im Abgeordnetenhaus erarbeitet werden. Hanisch sieht darin ein Abschieben der Verantwortung, mutmaßlich weil das diskutierte „Sächsische Modell“ rechtlich zu „wackelig“ sei.

Mississippi: Partnerschaft füllt Lücken in ländlichen Schulen

Einen gänzlich anderen Ansatz im Kampf gegen den Lehrermangel verfolgt der US-Bundesstaat Mississippi, wo laut Bildungsministerium fast 75 Prozent aller Schulbezirke als offizielle Mangelgebiete gelten. Dort hat sich eine bereits 1997 initiierte Partnerschaft zwischen den Marshall County Schools und dem „Mississippi Teacher Corps“ (MTC) der University of Mississippi (Ole Miss) als effektive Pipeline für Pädagogen erwiesen.

Das MTC ist ein alternatives Lehrerausbildungsprogramm, das Hochschulabsolventen aus Mississippi und anderen Bundesstaaten rekrutiert. Die Teilnehmer erhalten ein volles Stipendium für einen Master-Abschluss in Pädagogik. Im Gegenzug verpflichten sie sich, mindestens zwei Jahre an einer öffentlichen Schule mit hohem Bedarf zu unterrichten. Programmdirektor Joe Sweeney betont die Stärke der Partnerschaft: „Wir wissen, dass der Bezirk unsere MTC-Lehrer unterstützen wird, und das ist uns sehr wichtig.“

Messbare Erfolge und hohe Bleibequote

Die Bemühungen in Marshall County zeigen messbare Erfolge und haben zu historischen Verbesserungen im Rating des Bezirks beigetragen. So führte die Algebra-Lehrerin Yixing Lu, die über das MTC an die Byhalia High School kam, im vergangenen Schuljahr über 100 Schüler zu signifikanten Leistungssteigerungen. Laut staatlichen Testdaten erreichten ihre Klassen kollektiv ein akademisches Wachstum von 100 Prozent. Lu führt dies auf das Mentoring und die Kooperation im Rahmen des Programms zurück.

Ein entscheidender Faktor ist die Kontinuität. Viele Teilnehmer entscheiden sich, über die zweijährige Verpflichtung hinaus zu bleiben. Dies hat dazu geführt, dass MTC-Alumni heute Schlüsselpositionen in der Verwaltung innehaben, darunter der stellvertretende Superintendent des Bezirks, Landon Pollard, und die Schulleiterin Liz Towle. Towle, selbst MTC-Absolventin, ist auf das Programm angewiesen: „Drei meiner vier Mathematiklehrer sind MTC-Lehrer.“ Diese Beständigkeit schaffe Vertrauen bei den Familien. Pollard ergänzt, dass viele Alumni sich bewusst für eine Karriere in der Region entschieden hätten, dort Häuser kauften und Familien gründeten. Das MTC, so Sweeney, sei zwar nicht die alleinige Antwort, aber „ein Teil der Lösung“ für Mississippi.