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Deutschland will Wirtschaft mit neuem Gesetz ankurbeln: Fokus auf Start-ups und Steuererleichterungen

Die Bundesregierung hat am Mittwoch ein umfassendes Gesetzespaket auf den Weg gebracht, um die deutsche Wirtschaft nach einer Phase der Stagnation zu beleben. Der Entwurf, der dem Kabinett zur Zustimmung vorlag, zielt darauf ab, die finanziellen Bedingungen für kleine Unternehmen und Start-ups zu verbessern. Gleichzeitig sind Entlastungen für Pendler und die Gastronomie geplant. Ein weiteres Ziel ist es, mehr Kapital in strategisch wichtige Bereiche wie Infrastrukturprojekte und erneuerbare Energien zu lenken.

Bessere Bedingungen für Start-ups und Gründer

Ein zentraler Punkt des Gesetzes ist die Stärkung des Gründerstandorts Deutschland. „Junge, innovative Unternehmen sind ein Motor für Investitionen, Wachstum und gute Arbeitsplätze“, erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner. Das Gesetz schaffe „bessere Finanzierungsbedingungen für kleinere Unternehmen und Start-ups“.

Die Notwendigkeit für diese Maßnahmen wird durch einen Vergleich mit den USA deutlich. Der deutsche Start-up-Verband, der das Vorhaben begrüßte, wies darauf hin, dass seit Anfang 2023 in den USA rund viermal so viel Wagniskapital investiert wurde wie in Deutschland. Um hier aufzuholen, sieht der Gesetzesentwurf mehrere konkrete Änderungen vor:

  • Steuerliche Anreize: Die Rahmenbedingungen für Wagniskapital sollen überarbeitet werden, um Investitionen in junge Unternehmen und Börsengänge attraktiver zu machen.

  • Modernisierung des Aktienrechts: Der Mindestnennwert von Aktien soll von einem Euro auf einen Cent gesenkt werden, um sich internationalen Standards anzugleichen. Dies erleichtert Gründern die Kapitalaufnahme.

  • Bürokratieabbau: Bestimmte Prüf-, Berichts- und Mitteilungspflichten für Unternehmen sollen entfallen.

  • Internationalisierung: Zukünftig soll es möglich sein, bei der Ausgabe von Wertpapieren englischsprachige Prospekte zu verwenden, was den Vertrieb innerhalb der EU vereinfacht.

Entlastungen auch für Pendler und Gastronomie

Das Kabinett gab ebenfalls grünes Licht für ein Steueränderungsgesetz, das weitere Bevölkerungsgruppen entlasten soll. Die Pendlerpauschale soll auf 38 Cent pro Kilometer angehoben werden. Zudem ist vorgesehen, die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants im kommenden Jahr erneut von 19 % auf den ermäßigten Satz von 7 % zu senken.

Der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA begrüßte diese Entscheidung. DEHOGA-Präsidentin Ingrid Hartges dämpfte jedoch die Erwartungen an sofortige Preissenkungen für Verbraucher. „Ob und in welchem Umfang Preissenkungen möglich sind, hängt stark von der weiteren Kostenentwicklung ab“, erklärte sie und verwies auf die Erhöhung des Mindestlohns sowie gestiegene Preise für Lebensmittel, Getränke und Energie.

Finanzielle Auswirkungen und Kritik

Die geplanten Maßnahmen werden den Staatshaushalt belasten. Laut Gesetzesentwurf wird allein für das Jahr 2026 mit Steuermindereinnahmen von 4,8 Milliarden Euro (ca. 5,6 Mrd. US-Dollar) gerechnet. In den Folgejahren von 2027 bis 2030 werden jährliche Ausfälle zwischen 5,7 und 6,1 Milliarden Euro erwartet.

Kritik an den Plänen kommt von Wirtschaftsexperten. Friedrich Heinemann vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bezeichnete insbesondere die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie als „eine Niederlage für die fiskalische Vernunft“. Er fügte hinzu: „Im Grunde ist das alles Finanzpopulismus.“

Studie warnt: Rasches Wachstum kann Mitarbeiterzufriedenheit schmälern

Während die Politik bestrebt ist, das Wachstum von Start-ups zu beschleunigen, legt eine neue wissenschaftliche Untersuchung nahe, dass ein zu schnelles Wachstum auch Schattenseiten haben kann – insbesondere für die Mitarbeiter. Forscher um Johan Wiklund, Professor für Unternehmertum an der Syracuse University, stellen in einer neuen Studie die gängige Annahme infrage, dass schnelles Wachstum für Start-ups uneingeschränkt positiv ist.

Die Wissenschaftler analysierten Daten zur Arbeitszufriedenheit von über 7.600 Mitarbeitern und verglichen diese mit den Wachstumsraten von 263 Start-ups. Ihre Analyse ergab, dass die Mitarbeiterzufriedenheit einer umgekehrten U-Kurve folgt: Sie steigt zunächst mit dem Wachstum des Unternehmens, sinkt jedoch, wenn die Expansion zu schnell verläuft. „Ein wachsendes Unternehmen wird als Erfolgszeichen gesehen, es bietet neue Job- und Aufstiegschancen“, erklärt Wiklund. „Aber bei sehr hohen Wachstumsraten gibt es negative Folgen für die Arbeitszufriedenheit.“

Ein zu schnelles Umsatzwachstum könne Führungsschwächen aufdecken, während ein starker Anstieg der Mitarbeiterzahl die Arbeitsplatzdynamik belasten, das Vertrauen untergraben und interne Machtkämpfe verstärken könne. Die Studie zeigt, dass die Zufriedenheit der Mitarbeiter bei einem jährlichen Beschäftigungswachstum von etwa 138 % ihren Höhepunkt erreichte und danach wieder abnahm.

Die Ergebnisse legen nahe, dass Start-ups ihr Wachstum bewusst steuern sollten. „Moderates Wachstum ist kein Scheitern – es kann eine strategische Entscheidung sein“, so Wiklund. Ziel sollte es sein, nachhaltige Unternehmen aufzubauen, die ihre Mitarbeiter langfristig binden können.